22. Juni 2022

»Freiheit endet, wo die Freiheit des anderen beginnt«

Wenn Freiheit im Staat oder in der Gesellschaft an Grenzen stößt – ist das denn gut? So könnte man die Fragestellung überstürzt formulieren, die der Jurist Peter Eisenbarth beim Studium Generale stellte. Grundsätzlich seien beispielsweise Rechtsgeschäfte in Deutschland frei vor Eingriffen des Staates. So müssen Kaufverträge nicht zwingend schriftlich sein. »Das wäre beim Bäcker auch ziemlich umständlich«, sagte Eisenbarth. Wer allerdings ein Haus erwirbt, muss den Vertrag schriftlich vor einem Notar schließen. »Die Menschen dürfen den Staat allerdings fragen, weshalb«; sagte der Professor von der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Zwar gebe es keinen absoluten Schutz der Freiheit des Einzelnen durch den Staat. Doch die Freiheit sei so wichtig, dass der Staat diese Freiheit nicht ohne rechtliche Grundlage einschränken könne. Und den Kernbereich privater Lebensgestaltung dürfe der Staat ohnehin nicht einschränken. So könne dieser beispielsweise nicht bestimmen, wo ein Bürger, eine Bürgerin lebt.

Der Staat habe die Aufgabe, so Eisenbarth, die Freiheit aller Menschen zu schützen. Das hat Auswirkungen: So schränkt eine rote Ampel die individuelle Freiheit ein. Andererseits dient die rote Ampel für Autofahrer beispielsweise dem Schutz der Fußgänger, die die Straße gefahrlos überqueren können, wenn die Autos halten. »Ohne Regeln im Straßenverkehr funktioniert es nicht«, kommentierte Eisenbarth. Anhand von Artikel 2 des Grundgesetzes (»Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.«). »Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit wird also schon in dem Satz eingeschränkt, in dem es garantiert wird«, zeigte Eisenbarth auf. Das Grundrecht habe drei Grenzen: sobald die individuelle Freiheit gegen die Verfassung, die Rechte anderer oder gegen die guten Sitten verstoße, dürfe die Freiheit eingeschränkt werden, sie müsse es sogar, denn »die völlige Freiheit des einzelnen funktioniert nicht.« Freiheit ende immer dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.

Nicole Marten

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