Nachruf Dr. Dr. Michel Weyer
Theologische Hochschule nimmt Abschied

Die Theologische Hochschule nimmt Abschied von ihrem langjährigen Dozenten Michel Weyer
Michel Weyer wurde am 17. Juli 1937 in Hayange im Departement Moselle (Frankreich) geboren und besuchte das Gymnasium am Lycée des Garçons in Thionville. 1957 trat er in das Institut Biblique de Nogent sur Marne ein. Bereits während seines Studiums zeigte Michel Weyer Interesse an wissenschaftlicher Arbeit und besuchte als Gasthörer Vorlesungen an der Pariser Fakultät für Protestantische Theologie. Daneben besuchte er auch die École des Hautes Études und das Institut Catholique de Paris.
Während seines Pfarrvikariats in Burgdorf in der Schweiz lernte er seine zukünftige Frau Elsbeth Jordi kennen. Die Heirat verzögerte sich jedoch, weil der Bräutigam zum Militärdienst eingezogen wurde, den er 1961–1962 als protestantischer Militärseelsorger in Algerien leistete. Nur wenig erzählte Michel Weyer später über diese Zeit – genug aber, um zu verstehen, dass sie ihm zum Albtraum geworden war.
Nach seiner Entlassung aus der Armee heirateten Michel Weyer und Elsbeth Jordi. Er erhielt eine Dienstzuweisung als Pfarrer der methodistischen Gemeinde in Bischwiller im Elsass. Die Nähe zu Strassburg und später der Dienst als Pfarrer der dortigen methodistischen Gemeinde der Zionskirche (1965–1978) boten Michel Weyer die Gelegenheit, ein Universitätsstudium in Geschichte des Christentums, der Politik- und Literaturwissenschaft sowie der Theologie zu absolvieren. Diese Studien schloss er mit einem Bachelor für das Lehramt (Fachbereich Deutsch), einem Master in Germanistik und einem Doktorat in Religionswissenschaften ab.
Im Jahr 1981 erhielt Michel Weyer einen Ruf ans Theologische Seminar Reutlingen, die heutige Theologische Hochschule. Er lehrte dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2003 Kirchengeschichte und Methodismus. Mit seiner stupenden Gelehrsamkeit, seiner freundlichen und zugewandten Art prägte er eine ganze Generation von Studierenden. Er und seine Frau Elsbeth bereicherten das Leben der Hochschule in vielfältiger Weise. Sie hatten immer eine offene Tür und ein offenes Ohr für alle, die bei ihnen aus und ein gingen.
2003 kehrten beide nach Strassburg zurück, wo Michel Weyer von 2004 bis 2010 den Vorsitz des Verwaltungsrats der Association Diakonat Bethesda übernahm. Gleichzeitig wurde er auch Mitglied des Verwaltungsrates der Protestantischen Theologischen Fakultät der Universität Strassburg. In diesen Jahren nahm er auch seine Forschungstätigkeit wieder auf. Er beteiligte sich an der Veröffentlichung von Luthers Werken auf Französisch und schloss seine langjährigen Forschungen zum lutherischen Theologen der Aufklärung und Bewunderer John Wesleys Johann Gottlieb Burckhardt mit einer (zweiten) Doktorarbeit ab, die er am 27. März 2018 an der Universität Strassburg vorlegte. Die Arbeit wurde 2019 mit dem Alfred-Schmutz-Preis gekrönt, der ihm von der Fondation du Quai Saint-Thomas verliehen wurde.
Im Juni 2024 bezog das Ehepaar eine kleine Wohnung im Seniorenheim Bethesda Contades. Nach dem Tod seiner Frau am 7. Oktober 2024 hat Michel Weyer den Weg zurück ins Leben nicht mehr gefunden. Er verstarb am Morgen des 5. Dezembers 2024. Die Trauerfeier fand am 18. Dezember 2024 in der Kirche St. Matthieu in Strasbourg statt.
Die Theologische Hochschule Reutlingen verliert mit Michel Weyer einen engagierten Lehrer und Wissenschaftler, vor allem aber einen warmherzigen und humorvollen Kollegen und Freund.
Ueli Müller / JB / CS